Die Welt macht dicht

Reisen zu Zeiten von Corona ist ein Abenteuer, auf das wir gerne verzichtet hätten. Der Covid-19 Virus hat jetzt auch den afrikanischen Kontinent erreicht. Viele Staaten verhängen Einreiseverbote oder Quarantänemassnahmen für Europäer. Wir sitzen aktuell in Tansania fest, aber unsere Reise geht weiter!

Kigoma, Tansania, 14 812 km

Es könnte uns momentan wirklich schlechter treffen in Zeiten der weltweiten Coronakrise. Von Ruanda sind wir in Tansania eingereist. Hier gibt aktuell erst einen bestätigten Coronafall. Aber Richtung Süden haben alle Länder ihre Grenzen bis auf weiteres dicht gemacht. Doch vor uns liegt das fünftgrößte Land Afrikas mit vielen Sehenswürdigkeiten und tollen Landschaften. Wir haben beschlossen, erst einmal ganz normal weiter zu reisen und abzuwarten, wie sich die allgemeine Lage entwickelt.

Mühsame Fracht kurz hinter der Grenze

Der Gegensatz zwischen West-Tansania und dem dicht besiedelten Ruanda könnte nicht krasser sein. Mitten im Grenzstreifen hocken Paviane auf der Strasse, hinter dem Schlagbaum beginnt eine weite Savannenlandschaft. Die Strasse stellt die Hauptverbindung zwischen den Ländern westlich des Victoriasees und der Küste am Indischen Ozean dar.

Doch auf den nächste Kilometern zerfällt der Asphalt buchstäblich zu Staub. Schwerlasttransporte aus dem Kongo, Burundi und Ruanda, kriechen in gefährlichenr Schieflage um eine Kraterlandschaft aus tiefen Schlaglöcher herum. Ständig treffen wir auf Wracks oder Fahrzeuge, die aus dem Graben gezogen werden. 

Wir sind spät dran und bis zur ersten Übernachtungsmöglichkeit müssen wir noch 40 km über die zerfahrene Trasse zurücklegen. Im Dämmerlicht wird es immer schwieriger, Löchern und LKWs auszuweichen. Mit den letzten Lichtstrahlen erreichen wir endlich Nyabugombe, ein paar Hütten auf einer ausgedehnten Ebene. Die Anwohner verkaufen Obst und Gemüse auf klapprigen Holzständen am Wegesrand.

Auf zum Tanganyikasee!

Als wir nach einem Hotel fragen, schauen uns alle verständnislos an. Langsam kapieren wir unseren Fehler: wir sind am Zielpunkt längst vorbei gefahren. Nun heisst es, 20 km im stockdunkler Nacht über die gleiche üble Piste zurückfahren. Das Getöse der Lastwagen hallt durch die Finsternis. Am Nachthimmel zucken Blitze, doch zumindest bleiben wir vom Gewitter verschont. Völlig verstaubt erreichen wir endlich eine Herberge. Dass sich auffallend viele junge Damen vor den Zimmern herumtreiben, ist uns jetzt auch egal. Es gibt zumindest noch eine einfache Mahlzeit und kühles Bier. 

Am nächste Morgen verlassen wir die Fernstrasse und fahren über eine breite Lehmpiste Richtung Südwesten. Wir durchqueren eine hügelige Landschaft aus leuchtenden Grüntönen und genießen viele schöne Fernblicke. In dieser Region gibt es einige grosse Nationalparks, die allerdings momentan nicht zugänglich sind. Es ist Regenzeit und weite Landstriche stehen unter Wasser. Es geht vorbei an einstöckigen Ziegelhäusern, der rote Staub hat sich grossflächig über die Fassaden verteilt. Kinder starren uns unterwegs an, als würden sie einem Geist begegnen. Über dem längsten See der Welt, dem Lake Tanganyika, hängen schwere, dunkle Wolken.

Ein historischer Schatz: die MV Liemba

In Kigoma scheint an vielen Stellen die Zeit stehen geblieben zu sein. ‘Dr Livingstone, I presume?’ Mit diesen berühmten Worten begrüsste hier der Journalist Stanley 1871 den als verschollen geltenden Missionar und Afrikaforscher Livingstone. Ein weiteres historisches Schätzchen liegt in Kigomas Hafen vertaut: Bis noch vor kurzem transportiere die MV Liemba Passagiere und Waren bis hinunter nach Sambia. Nur zu gern hätten wir unsere KTMs mit dem 1913 in Deutschland gebauten, ehemaligen Dampfschiff über den See schippern lassen, aber die berühmte alte Dame befindet sich leider schon eine ganze Weile in Reparatur.  

Neben dem „Kaiser House“, das sich Wilhelm II für eine Jagdexpedition nach Deutsch-Ostafrika errichten lies, sind noch einige Kolonialbauten in Kigoma erhalten. Im Bahnhofsgebäude könnte man gut einen Historienfilm drehen. Die Zugfahrt ins über 1 000 km entfernte Dar es Salam dauert mindestens anderthalb Tage.

Reisen in Coronazeiten: Et hätt noch emmer joot jejange!

„In der Regenzeit werden daraus allerdings eher drei Tage.“ berichtet uns ein Einheimischer schmunzelnd. „Es kann aber auch passieren, dass man irgendwo mitten im Busch steckenbleibt, weil die Gleise überschwemmt sind. Dann müssen alle warten bis das Wasser wieder abgeflossen ist. Falls die Gleise dann noch da sind, geht es danach weiter.“

14 Kommentare bei „Die Welt macht dicht“

  1. Uwe Hörter sagt:

    Schön, von euch zu lesen. Mein Neid ist bei euch… Passt auf euch auf!
    Viele Grüße
    Uwe

  2. Ruth Kessler sagt:

    Liebe Jutta,lieber Markus,ich drück Euch die Daumen für die weitere Reise,bleibt gesund.
    Schön,dass ihr trotz der aktuellen Situation die Gute Laune nicht verliert und uns weiter teilhaben lasst an eurer faszinierenden Reise.
    Liebe Grüße aus Kölle (im Ausnahmezustand),Ruth 🙂

  3. Strietzel sagt:

    Passt auf Euch auf!
    Lothar hat es übrigens geschafft, für seine Mutter Klopapier zu kaufen – ein wahrer Held!

  4. Tolle Geschichte,passt auf euch auf ! Frau Hartmann , Herr Körbel es wird Zeit für ein Buch ….

  5. Beate Hartmann_Ilg sagt:

    Liebe Jutta, lieber Markus,
    ja Daumen hoch und und immer „Abstand halten“ und die „kölsche Begrüßung = stippeföttsche“ im kopf… (aus mitternachtsspitzen); derweil singe ich in Gedanken für euch aus dem befallenen NRW einen irischen song: „und bis wir uns wiedersehen wünsche ich euch Freude und auch Glück“ – wie schön dennoch an euren beschwerlichen Wegen text- und bildlich teilzuhaben, die von euch so trefflich beschriebenen Besonderheiten aus diesem fernen Land kennen zu lernen 🙂 ciaociao, goodby, aurevoir BHI

  6. Hallo nach Afrika,

    schön zu wissen, dass es Euch gut geht und Ihr ja auch bislang gut durchgekommen seid. Ich habe recht viele Kontakte zu Leuten, die unterwegs sind. Die Situationen sind natürlich sehr unterschiedlich. Etlichen Freunden habe ich geraten, nach D zurückzukommen. Ich möchte keine Panik verbreiten, aber sie Situation im Land kann schnell kippen und sich dann gegen vermeintliche „Schuldige“ richten. In Addis wurden vermehrt Reisende mit WOMO mit Steinen beworfen, sie wollen nur noch raus, die Botschaft verweigert ( wie fast immer) ihre Hilfe. Nach meiner Erfahrung ist es immer gut, wenn man Kontakte zu Expats hat, die schon länger im Land sind. Wie gesagt, keine Panik, aber auf jede Situation vorbereitet sein ist das Motto. In größeren Städten ist man sicherer als auf dem Land. Wenns eng wird, internationale Hotels oder (siehe „killing fields“) die Botschaft. Bitte nicht als Besserwisserei verstehen, ich hab eben schon viel scheiss Situationen erlebt.

    Past auf Euch auf und versucht es zu geniessen.

    Ach: Gibts das Two Tables Restaurant auf Sansibar noch?

    Ganz liebe Grüße

    Hacky

    1. Hallo Hacky, danke für deine Tipps. Wir haben ein waches Auge auf die Lage um uns herum und sind digital gut vernetzt. Wir sind aktuell auf dem Weg zur Küste und wollen uns in der Nähe von Dar es Salaam ein ruhiges Plätzchen suchen dh. in Hafen-und Botschaftsnähe. Im Moment ist alles ok, wir bleiben flexibel. Viele Grüße und alles Gute!

  7. Hallo Ihr zwei
    Viele Grüße aus der gebeutelten Heimat. Wünsche Euch alles Gute und bleibt Gesund.
    André

  8. Aber nicht zu ruhig. Ihr müsst stellvertretend für mich das Tanzbein schwingen . Leicht eingerostete Grüße von einem der sonst keine Probleme hat und Euch wünscht das Eure nicht größer werden als meine.
    Frank Hermann

  9. Kerstin Rau sagt:

    Hallo ihr beiden, wir haben euch vor ca vier Wochen in Uganda getroffen. Zuerst an einer Tankstelle und später nochmal on the Road. Wie ist es euch denn danach so ergangen. Wir würden uns freuen von euch zu hören. Liebe Grüße Kerstin Rau und Winfried Fuchs und natürlich Alexander.

  10. Doris Bollen sagt:

    Hallo Jutta,
    wir haben gleich eine CBA-Besprechung (im HomeOffice), da ist mir eingefallen, dass ich schon lange nicht mehr in den Blog rein gesehen habe. Ich hoffe, es geht euch gut. Bleibt gesund. Liebe Grüße. Doris

  11. Hallo Jutta und Markus,
    ist lange nichts upgedatet bei Euch, hoffe ist alles in Ordnung. Wünsche Euch, einen guten Spot
    für diese Zeit gefunden zu haben.
    Gruß Steffen

    1. Lieber Steffen, wir haben einen wunderschönen Strand gefunden, der so einsam ist, dass das Internet so gut wie nie funktioniert 🙂 Bei uns ist alles gut. Haltet ihr Zuhause weiterhin gut durch ud bleibt gesund! LG

  12. Liebe Jutta, lieber Markus, > von http://www.BerndTesch.de und http://www.teschipedia.de 2020.04.21

    – heute bekomme ich von einem Kollegen von Dir Jutta, Udo Fi., einem Experten mit 10 Reisen in Australien (76.000 km mit Motorrad alleine) eine Nachricht, dass Ihr in Tanzania wegen Corona festsitzt. Dein letzter Bericht ist hier vom 19.03.200. Hoffentlich natürlich gesund und zuversichtlich! Während wir die Krise hier in Deutschland bisher ganz gut gemeistert haben, wird es in Afrika erst jetzt allmählich richtig mit der Corona-Infektion losgehen.
    – Aus meiner Sicht wäre es am besten, dass Ihr Eure Motorräder beim Zoll oder privat länger unterstellt und zurück kommt. Der Rest ist -wie bisher seit Cairo- ja auch nur Asphalt und später dann machbar! – Nicht vergeichbar mit Eurer Kambodscha und Laos-Tour in 1998: hier einzusehen. https://www.berndtesch.de/English/Continents/Asia/Asia.html BaiBeiByeBerndTesch, der Euch gerne hilft.

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